Dienstag, 21. Oktober 2014

Wie Nahrung zu Abfall deklariert wird

Heute habe ich einen Film gesehen, der mich sehr zum Nachdenken gebracht hat. Es ging um den weltweiten Verbrauch von Lebensmitteln und die damit verbundene Maße an Abfällen, die durch den aktuellen Handel und auch den Konsum der Verbraucher verursacht wird.

Als Käuferin im Supermarkt war ich lange, wie viele Menschen, sehr penibel in der Auswahl meiner Lebensmittel. Ich bin dem Handel ordentlich auf den Leim gegangen, denn je toller und netter die Ware fürs Auge präsentiert wurde, um so mehr war man überzeugt davon, eine hervorragende Ware vor sich zu haben. In dem Moment, wo man als Kunde zugreift, denkt man tatsächlich, dass diese wunderbaren Tomaten alle scheinbar in der fast gleichen Größe am Strauch gewachsen sind. Gut, sie schmecken mehr nach Wasser als nach Tomaten, aber sie sind buchstäblich ein Hochgenuss für unser Auge. Was man in diesem Augenblick völlig ausblendet, ist die gesamte Realität dahinter.

Alleine der gesunde Menschenverstand müsste spätestens hier Alarm schlagen, denn es ist völlig normal, dass Obst und Gemüse nicht wie im Bilderbuch wachsen und es unterschiedliche Formen, Farben und Größen geben muss. Das ist ja nun einmal Teil der Natur. Doch nicht für den Handel und längst nicht mehr für die Verbraucher. Durch den immensen Überfluß an Lebensmitteln und Produkten, war die Nachfrage und die Anforderungen der Kunden zunehmend höher, worauf der Handel schnell reagierte. So wurden aus den Regalen der Supermärkte nach und nach alle unerwünschten Lebensmittel systematisch verbannt. Was zählte dazu? Nun, angefangen von großen, dicken oder unansehnlichen Kartoffeln bis hin zu krumm gewachsenen Gurken.

Dabei hat die Ernährungsqualität mit der Handelsqualität längst nichts mehr zu tun. Die Bauern schütteln mit dem Kopf und bekommen einen großen Teil ihrer Ernte einfach nicht verkauft, weil sie den Standards des Handels oder den Kundenwünschen nicht entsprechen. So wird eine Unmenge an Obst und Gemüse alleine hier schon als Abfälle entsorgt. Geschmacklich einwandfreie Lebensmittel, die nur nicht gewollt sind. In Japan werden für Kunden Sushi produziert, die niemals alle direkt am Tag verkauft werden und wegen ihrer Frischheit wieder entsorgt werden müssen. Berge an Reis, Fisch und Gemüse, unglaublich. 20% der Ware von Bäckern wird überschüssig produziert und teilweise werden Brote wieder zermahlen, um sie zusammen mit Holz als Patties zum Ofen heizen wiederzuverwerten. Dennoch bestehen Supermärkte darauf, dass Brot und Lebensmittelregale bis nachmittags voll aufgefüllt werden, da es optisch einen besseren Eindruck bei dem Kunden macht.

Viele Lebensmittelabfälle dürfen nicht einmal für die Tierfütterungen verwertet werden, wodurch jährlich mehr Getreide angebaut werden muss als nötig. Der verheerende Umgang mit diesen Abfällen kann im schlimmsten Fall zu Methangasen führen, die die Umwelt und die Atmosphäre nachhaltig schädigen. Auch werden Lebensmittel entsorgt, die das Haltbarkeitsdatum zwar überschritten haben, aber durchaus noch genießbar wären. Oder es landen Produkte im Müll, weil die Verpackungen im Supermarkt eingerissen waren oder die Dose etwas verbeult war und niemand sie kaufen wollte. In der EU werden jährlich 90 Millionen Tonnen Lebensmittelabfälle weggeworfen. Mit diesem Essen könnten alle Hungernden ganze 3 Mal satt werden.

Doch auch hier liegt das Disaster im Detail. Manche Lebensmittel werden sehr wohl schon nach Afrika exportiert. Doch wie es in der Wirtschaft so ist. Je mehr wir wegwerfen, desto mehr steigen die Preise eines Lebensmittels. Und diese Preissteigerung wirkt sich auch auf die ärmere Bevölkerung aus, die bald nicht mehr in der Lage sind ihre Grundenergiestoffe wie Getreide oder Reis zu bezahlen. Der nächste Welternährungsschock steht bald wieder an, wenn nicht jeder Einzelne umdenken lernt.

Aber wie soll das klappen, wenn selbst die Kinder nun in einer 2. Generation heranwächst, in der man das Kochen oder den richtigen Umgang mit Lebensmitteln verlernt hat? Die Generation Pizza, Pommes und Fast Food lernt nicht selber zu Kochen. Wieviele Kinder helfen im Haushalt beim Kochen noch mit oder schauen den Eltern dabei über die Schultern, wenn sie etwas gesundes zubereiten? Wieviele Eltern haben das schon von ihrem Elternhaus nicht gelernt? Und für wieviele Familien ist die Mikrowelle oder der Ofen bekannter, als die Herdplatte? Diese Kinder verlernen das Kochen. Sie können teilweise manche Obst- oder Gemüsesorten nicht einmal benennen, weil sie sie nicht zu Hause konsumieren. Sie werden groß in diesem Handelssystem, was uns lehrt das Lebensmittel wie "gemalt" aussehen müssen, da sie sonst eckelhaft sind oder nicht schmecken. Zeigt man ihnen Bioware runzeln sie die Stirn und wollen das alles nicht mal probieren. Dabei wächst Fleisch nicht unter Plastik heran und Honig kommt auch nicht von Bären, hmja.

Doch es gibt sie noch - Menschen, die diese Zusammenhänge erkannt haben und etwas dagegen tun. Es gibt die Müllsammler, die sich tagtäglich von den Supermarkttonnen ernähren. Die Farmerin in New York, die auf dem Dach ihr eigenes Gemüse pflanzt und ihre eigenen Hühner hält, um Kindern zu zeigen, dass sie alles aus ihrem Farmgarten verwerten kann und ihm Reste wieder zuführt. Den Honigmacher aus New York, der mitten in der Stadt den leckersten Honig ökologisch anbaut, egal ob um ihn herum Wolkenkratzer prangern. Den alten Mann, der seit seiner Kindheit zum Bauern geht, um dort die liegengebliebenen Kartoffeln auf dem Feld einzusammeln und zu essen. Menschen von der Tafel, die Kochkurse für Kinder anbieten, um ihnen den Umgang mit gesunden Lebensmitteln näher zu bringen.

Was kann ich also tun in solch einer verschwenderischen Lebensmittelindustrie und einem solch verwöhnten Handel? Ganz klar: Ich kaufe mein Obst und Gemüse im Bioladen, wo auch krum gewachsene Gurken und Kartoffeln bei sein können. Und gerade zu diesen werde ich das Nächste Mal greifen. Genauso wie zu einer Verpackung die leicht angerissen wurde oder zu einer verbeulten Dose, denn vielleicht will die Masse Mensch genau diese nicht haben. Und mein Kauf verhindert, dass sie weggeworfen worden wäre. Ich kann darauf achten weniger einzukaufen und mehr darauf zu achten, dass ich die Lebensmittel, die ich kaufe auch tatsächlich esse, statt sie zu entsorgen. Und auch hier kann man etwas tun. Es gibt Internetportale, wo man die überschüssigen Lebensmittel, die man vielleicht weggeworfen hätte, für Interessenten reinstellen kann, die diese dann abholen kommen. Dies nutzen besonders gerne auch Studenten und leben von dieser Art Food-Tausch. Wenn ich ein Kind bekomme, werde ich es ins Kochen mit einbeziehen und versuchen es gesund zu ernähren und mit einem guten Verständnis für Lebensmittel zu erziehen.

Aber das wichtigste ist, sich dessen erst einmal bewusst zu werden. Nur so kann man mit offenen Augen und wachem Geist einkaufen. Unser Konsumverhalten hat immer Auswirkungen auf unsere Umwelt, Tiere und uns selber. Einer solchen Verantwortung jedoch, muss man sich erst bewusst werden, um würdevoller damit umzugehen.

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