Wer kennt das als Veganer nicht? - Der antivegane Gegenwind und das Unverständnis gegenüber der veganen Lebensweise seitens Familie oder Freunden. Und wenn man daran denkt, entlockt es wohl jedem Veganer ein kleines Seufzen. Nun ist man endlich den entscheidenden Schritt in seinem Leben gegangen, hat sich über gesunde Ernährung, Lebensmittel und sämtliche wichtigen Prozesse in der Herstellung von Produkten informiert. Man ist über den eigenen kleinen Horizont hinaus gewachsen und hat alleine aus guten ethischen Gründen zum Wohl vieler Tiere etwas verändert.
Um so mehr trifft es einen dann, wenn man bei Familie und Freunden auf Unverständnis und altbewährte Vorurteile dieser veganen Lebensweise trifft. "Oh Kind, hast du einen Bluttest machen lassen wegen möglicher Mangelerscheinungen?" ist wohl nur eines der gängigen Sätze. Und am Ende ist doch genau diese Frage grotesk angesichts der Tatsache, dass Menschen, die alles, also auch tierische Produkte essen, häufig ungesünder als Veganer leben. Sie riskieren mit Fast Food, zuckerhaltigen Lebensmitteln, mit Antibiotika behandeltem Fleisch und etlichen Zusatzstoffen mehr an Mangelerscheinungen und gängigen Volkskrankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Osteoporose zu erkranken als Veganer. Ist das nicht verrückt, sich als Veganer rechtfertigen zu müssen, dass man sich einer gesunden Ernährungsweise zugewandt hat, die sogar von bedeutetenden Instituten als gesund anerkannt worden ist?
Auf eine Gegenfrage hin "Woher weißt Du denn, dass du keine Mangelerscheinungen hast?" weiß die Gegenpartei meist auch keine gute Antwort. Gerade Eltern sind dann schrecklich besorgt um die veganen Kinder, die zunehmend blasser wirken und wie sie hier und dort im Fernsehen oder von Bekannten aufgegriffen haben, wohl möglich an Mangelerscheinungen leiden. Da wird ganz außer Acht gelassen, dass ein bewusster Veganer, der sich besser als manch Anderer mit seinen Lebensmitteln beschäftigt und weiß, was er tut. Dass Veganer bewusst essen und ausgewogen. Dass Veganer mehr als Andere darauf achten, alle wichtigen Vitamine, Proteine und Mineralstoffe zu sich zu nehmen. Auch wird ausgeblendet, dass selbst Allesesser kaum noch Vitamin B 12 über ihr Fleisch aufnehmen, weil die Tiere kaum noch mit Gräsern gefüttert werden, sondern mit genmanipuliertem Mais und Medikamenten. Diese Tiere nehmen auch kein B12 in hohem Maß mehr zu sich. Und wirklich jeder Mensch kann einen Mangel an Vitamin D3 aufweisen, wenn man zu wenig Sonne abbekommt und nicht genügend an die frische Luft geht. Jede Ernährung kann Mängel aufweisen, wenn sie nicht gesund und ausgewogen ist.
Und manchmal ist man recht sprachlos angesichts solcher alberner Fragen, die schlichtweg aufgrund von Unwissenheit und schlechter Propaganda heraus entstanden ist. Leider halten sich diese subtilen Vorurteile immer noch hartnäckig und sogar viele Ärzte sind nicht gut informiert. Meistens haben Veganer sogar ein verbessertes Blutbild als zu ihrer Zeit als Allesesser. Viele leben gesünder, essen regelmässiger und vielseitiger. Und dennoch nehmen sie ab, bis sich das Gewicht auf einem gesunden, normalen Pegel einfindet. Daran ist nicht zu bemängeln. Und natürlich ist es traurig, wenn man sich gerade von der eigenen Familie oder Freunden mehr Toleranz und Zuspruch wünscht. Doch leider erwartet man häufig zuviel. Gegen Unwissenheit kann man häufig nix machen und nur hoffen Stück für Stück ein Umdenken zu erreichen. Positiv wäre es auch, wenn Eltern sich einfach mehr in das Thema reinlesen, was ihre Kinder dort leben und anstreben. Vielleicht würde Skepsis dann Stolz weichen. Vielleicht kann eine Mutter dann auch mal voll stolz sagen, dass ihre Tochter oder ihr Sohn vegan ist.
Doch bei all dem Gegenwind durch Familie oder Freunde ist eines ganz wichtig: Am Ende lebt jeder selber sein eigenes Leben! Es ist also nicht von Bedeutung, ob Andere die vegane Lebensweise verstehen können oder sie missbilligen. Denn am Ende zählt nur, dass man mit sich alleine im Reinen ist. Wenn man 100% davon überzeugt ist, dass es für einen selber gut ist, wenn man sich körperlich wohler als zuvor fühlt, DANN ist es auch das Richtige. Man muss Mut haben zu sich selber zu stehen und man sollte auch bei Familie und Freunden selektieren, wer einem gut tut und wer nicht. Vielleicht sind es noch nicht die richtigen Freunde? So sollten Freunde einen natürlich auch kritisieren dürfen, genau wie Familie auch, wenn sie sich Sorgen, doch am Ende ist die Akzeptanz und der gegenseitige Respekt unheimlich wichtig für eine gesunde und gute Basis.
Dieser Gegenwind ist wohl eine natürliche Resonanz darauf, dass man als Veganer bei Allesessern ein Unwohlsein hervorruft. Unbewusst beweist man, dass es ethisch auch besser geht und man hält indirekt anderen Menschen einen Spiegel vor die Nase. Manche fühlen sich dann bedroht oder haben das Gefühl sich rechtfertigen zu müssen für den Verzehr tierischer Produkte. Und wenn man also aufzeigt, dass eine vegane Lebensweise Mängel aufzeigt, beruhigt dies das eigene Gewissen. Was man selber konsumiert ist gut, der Andere muss etwas Falsch machen. Seltsam, aber häufig etwas dran. Angriff scheint hier ein Mittel zu sein, um die eigenen Werte und Vorstellungen zu wahren und zu erhalten.
Und auch, wenn es schwer ist und man bei dem ein oder anderen Vorurteil wieder seufzen möchte, so ist es den Kampf allemal wert. Man lebt nur einmal und man sollte so richtig und intensiv wie möglich leben. Man sollte nach Gesundheit und einem inneren Ausgleich streben. Die einzigen "Mangelerscheinungen" sind bei solchen Konflikten meistens eher zwischenmenschlich anzusehen, statt in der unterschiedlichen Ernährungsweise. Sorgen hin oder her, wenn man sich intensiver mit veganen Kindern und veganen Freunden beschäftigt, dann weiß man, dass diese auf sich Acht geben und gut mit sich umgehen. Dann ist Sorge unbegründet, wenn man seinem Kind oder Freund vertraut. Und manchmal gehört zu Liebe und Fürsorge auch ein gewisses Maß an Loslassen und Verstehen. Daher wünsche ich allen Veganern, wie mir, weiterhin ein dickes Fell, viel Ruhe und Gelassenheit und zwischendurch 5 Minuten frische Luft zu schnappen. Alles wird irgendwie gut ;)
Froher 2. Advent!
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